Es ist also soweit, wir werden einen der "Great Walks" in Neuseeland machen. Und noch einen der schönsten dazu (sagt man). Wir stellen morgens unseren Camper auf einem sicheren Parkplatz ab und
hoffen, dass der Kühlschrank die nächsten 3 Tage hält. Wir haben ihn ordentlich mit Wasserflaschen befüllt und über Nacht geladen. Schon in unserem Camp sind uns die Zikaden aufgefallen, die zu
Millionen - ich übertreibe nicht - in den Bäumen sitzen und nach Begattung schreien. Ich weiß nicht wer sowas schonmal gehört hat, aber die abertausenden kleinen Biester erzeugen einen Lärm, der
einfach unerträglich ist. Es klingt wie rosa Rauschen in den Ohren und weil das nicht schon nervig genug ist, erzeugt es einen akustischen Effekt - ich denke es ist Verdeckung? - so dass jeder
Zischlaut, den man ausspricht, wie lispeln klingt. Fuper Fache Nifftwahr?
Wir laufen also schwerbepackt und eifrig los um in Marahau mit dem Boot nach Totaranui, der ersten Haltestelle auf dem Abel Tasman Track, gebracht zu werden. Unser Bootsmann zeigt uns noch die
verschiedenen Stationen entlang der Küste, an denen wir vorbeikommen werden. Das "Wahrzeichen" des Tracks ist der Split Apple Rock (geteilter Apfel Fels) ein großer runder Brocken, der exakt in der
Mitte geteilt ist, was vermutlich der Grund für den gewohnt kreativen Namen ist.
Day 1
Es beginnt erstmal mit einem Aufstieg auf satte 200 Meter, da die Abkürzung gesperrt ist und wir nicht auf der Höhelinie um den Berg sondern über den Berg gehen müssen. Ich fluche wie ein
Rohrspatz weil es heiß und schwül und sowieso anstrengend ist. Daniela lacht mich aus und sagt mir ich soll mich nicht aufregen. Warum auch? Als es wieder bergab geht ist es auch besser und die
Anstrengung wird mit einem Strandspaziergang belohnt. Wer allerdings schonmal mit 20kg am Rücken auf Sand gelaufen ist weiß, dass es romantischer klingt, als es ist.
Nach ein paar Stunden kommen wir zum ersten Hindernis, einer Stelle die man nur einmal am Tag bei Ebbe queren kann. Es sind noch zwei Stunden bis dahin also gönnen wir uns eine Pause mit
Schokoriegeln und Lesen. Während wir so das Leben genießen sammeln sich mehr Wanderer in der Bucht, um auch zu warten. Kurz vor Ebbe werden drei Gefährten unruhig und wollen losgehen. Wir schauen
ihnen noch eine Weile nach, wie sie im noch hüfthohen Wasser mit der Strömung des abfließenden Wassers kämpfen.
Etwa eine Stunde später greifen auch wir an und kommen ohne wirklich nass zu werden drüben an. Nach mehreren Wiederholungen des Bergauf- und Bergabsteigens erreichen wir Tonga Quarry, unser erstes
Nachtlager, wo wir auch die drei feuchten Freunde wiedertreffen. Wir kochen uns eine leckere Astronautenmahlzeit und fallen todmüde ins Zelt.
Day 2
Es geht wieder los, nachdem das Zelt von einem morgendlichen Schauer getrocknet ist und wir ein paar Müsliriegel gefrühstückt haben. Natürlich mit einem Aufstieg auf 200 Meter und wieder runter an den Strand. Diesmal ohne jammern. Der zweite Tag ist streckenmäßig ein wenig anstrengender und länger als der Erste belohnt uns aber immer wieder mit wunderschönen Ausblicken über das Meer oder die dichten Birkenwälder des neuseeländischen Regenwaldes. Da ich ja entgegen der Ratschlägen von Freunden, Familie und Freundin keine Wanderschuhe habe oder gar trage, habe ich Blasen an den Füßen, bzw. zwischen den Zehen. Das macht aber nichts, ich habe wissentlich meine Wanderflipflops mitgenommen, die Allzweckwaffe bei langen Wanderungen. Nach nur 9 Stunden erreichen wir dann das Torrent Bay Village, das idyllisch an einer Bucht gelegen ist und wir bekommen einen tollen Platz im Wald. Und nachdem das Zelt aufgebaut ist und eigentlich Zeit für Essen ist, zerlegt es mir den Kreislauf und ich bekomme brutale Kopfschmerzen. Also Kinder, auf Wanderungen VIEL trinken!
Day 3
Weil ich mich wegen körperlicher Gebrechen ja früh schon hingelegt habe sind wir auch schon früh wach, so gegen 6 Uhr. Das ist perfekt, weil zu dieser Zeit Ebbe ist und wir uns damit eine halbe Stunde Umweg sparen und direkt durch die Bucht gehen können statt außen rum. Außerdem sind Sonnenaufgänge richtig cool zum fotografieren. Nicht das es meinen Lebensrythmus des spät ins Bett und spät aufstehens nachhaltig beeinflussen könnte, doch ab und an isses toll. Der dritte Tag ist ein wenig bewölkter, was der allgemeinen Kondition gut tut und wir kommen schnell voran. Die Landschaft ändert sich von Wäldern zu sumpfartigen Gebieten und die lästigen Zikaden kommen auch wieder. Fo ein Mift. Auch fällt der Anstieg der Tagestouristen auf, die mit ihren grobstollbereiften Buggies ihre dicken Kinder über den Weg schieben. Was einen eigentlich nicht stören könnte, doch nachdem Daniela (mit ihrem schweren Rucksack eindeutig als echter Wanderer erkennbar) fast von zwei überschminkten behandtaschten Mädels* angerempelt wird ist die Geduld vorbei. Also, wenn ihr mal Wandern seid und ihr seht jemanden mit viel Gepäck, geht aus dem Weg, macht Platz, er/sie wird es Euch danken. Klingt offensichtlich, isses aber nicht.
Wir haben es geschafft und sind gut behalten wieder am Camper angekommen, dessen Kühlschrank vermutlich wenige Stunden nachdem wir los sind aufgegeben hat. Erzählt uns jedenfalls die Milch, der Joghurt ist anderer Meinung und der Käse hat bereits das Land verlassen. Wie es aussieht funktioniert das Ladegerät nicht richtig, wenn der Camper an Strom angeschlossen ist. Aber das krieg ich hin und stelle den Lader auf "Wet" weil ist ja ne Bleibatterie.
Nachdem wir unser Campingequipment in Nelson zurückgegeben haben und wieder feste Nahrung zu uns genommen haben geht es weiter Richtung Picton. Kurz davor erreichen wir Smith's Farm und als wir
einen Platz gefunden haben fällt mir der kleine Foodtruck auf, der Pizza verkauft. Ich frage gleich mal was das wohl koste und obwohl ich natürlich keinen Akzent habe fragt mich die Dame woher ich
sei. Wir stellen fest dass wir aus Nürnberg und sie ursprünglich aus Pegnitz ist.
Und dass sie gerade echtes deutsches Brot gebacken hat! Wie cool ist das denn? Daniela ist außer sich vor Freude, dass wir nicht mehr die fluffige Feuerwatte von Toastbrot essen müssen sondern echtes
Brot haben. Ein weiteres Highlight ist, dass man als Geschenk eine Tüte Futter für die Tiere auf der Farm bekommt. Also machen wir uns am nächsten Tag auf um die Schafe und Kühe zu füttern. Abends
geht es dann noch durch einen Wald um Glühwürmchen anzuschauen, was ein tolles Spektakel ist wenn man nicht von anderen Menschen gestört werden würde die einen mit ihren Taschenlampen blenden und
sich wundern warum man keine Glühwürmer sieht. Wir erklären ihnen, dass es besser geht wenn man die Leuchten ausmacht und gehen noch auf einem Feld Sterne gucken. Und das sollte jeder mal in
Neuseeland machen. Dieser Ausblick ist einfach unglaublich!
* Die sich übrigens im "quotativen Amerikanisch" unterhalten haben. Kennt ihr das? Geht so: And then I was like "Oh my god" and it was like awesome but he was like "your so like dumb and stuff" but after that we were like BBF and like oh my gaaash?